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Das Beethoven-Jubiläum 2020 sollte Bonn als Chance

zur Profilierung als Beethovenstadt nutzen. Dabei geht es nicht um ein einmaliges Feuerwerk im Jubiläumsjahr, sondern um die Chance nachhaltiger Strukturen. Wichtig ist es vor allem, die Sichtbarkeit der authentischen Orte zu optimieren und damit zu verdeutlichen, dass Beethoven 22 Jahre in Bonn gelebt und gearbeitet hat - länger als Mozart in Salzburg. Lesen Sie hier einen Aufsatz des Vorsitzenden der BÜRGER FÜR BEETHOVEN Stephan Eisel für die Beethoven-Jubiläums GmbH, die Bund, NRW, die Stadt Bonn und der Rhein-Sieg-Kreis gegründet haben (www.bthvn2020.de)
Das Beethoven-Jubiläum 2020 sollte Bonn als Chance

 

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Stephan Eisel

Beethoven 2020:
Nachhaltige Initialzündung statt einmaliges Feuerwerk

Bonns einmalige Chance zur Profilierung als Beethovenstadt

Genies wie Ludwig van Beethoven bedürfen keiner Jubiläen, um ihre Wirkungskraft zu entfalten, aber für uns Normalsterbliche sind Gedenktage Leuchttürme im endlosen Ozean der Informationen und Eindrücke, denen wir täglich ausgesetzt sind. Als Haltepunkte helfen sie uns innezuhalten und den Blick auf Wesentliches zu richten, dassim Alltag der Belanglosigkeiten so leicht verloren geht. 

Deshalb dürfen Jubiläumsfeiern sich nicht am einmaligen Feuerwerk berauschen; sie entfalten nur Gewicht, wenn sie über den Tag hinaus wirken und nachhaltig stärken, was sonst schnell der Flüch­tigkeit zum Opfer fiele. 

Diese Chance des runden Geburtstags hat schon Robert Schumann erkannt, als er in ganz Europa bekannt machte, dass Bonner Bürger zum 65. Geburtstag des Komponisten einen „Bon­ner Verein für Beethovens Monument“ gegründet hatten. Präsident war der Literaturhistoriker Au­gust Wilhelm von Schlegel. Im Gründungsaufruf vom 17. Dezember 1835 hieß es: „Selten hat ein Künstler so be­deutsam, so denkwürdig gewirkt, wie Beethoven ... Eine so äußerst seltene, wohltäti­ge und weithin wirkende Erscheinung verdient es, auf eine seltene und außerordentliche Weise ge­feiert zu werden, nämlich durch ein plastisches, möglichst großartiges Monument. Ueber den dazu geeigneten Ort kann kein Zweifel sein. Die Stadt Bonn am Rheine, in welcher der unsterbliche Künstler das Licht der Welt erblickte ... scheint zu dem Unternehmen in gleicher Weise berechtigt wie verpflichtet...“ 

Schumann machte sich den Bonner Spendenaufruf in der von ihm mitbegründeten und redaktionell betreuten „Neuen Zeitschrift für Neue Musik“ zu eigen und plädierte unter der Überschrift „Monu­ment für Beethoven“ für ein Denkmal „in riesenhafter Form ... damit, wie er schon im Leben that, er über Berg und Berg schauen könne – und wenn die Rheinschiffe vorbeifliegen und die Fremdlin­ge fragen: was der Riese bedeute, so kann jedes Kind antworten: Beethoven ist das ...“ Und Schu­mann fügte hinzu: „Denn gesetzt, die Wiener fühlten Eifersucht auf die Bonner und bestünden auch auf eins, welcher Spaß, wie man sich dann fragen würde: welches nun eigentlich das rechte ? Beide haben ein Recht, er steht in beiden Kirchenbüchern; der Rhein nennt sich die Wiege, die Donau (der Ruhm ist freilich traurig) seinen Sarg.“ 

Die Enthüllung des letztendlich wesentlich von Franz Liszt finanzierten Denkmals
fand am 12. Au­gust 1845 statt, also wiederum in einem Beethoven-Jubiläumsjahr,
dem des 75. Geburtstages. Liszt sorgte auch dafür, dass aus diesem Anlass ein
großes Musikfest stattfand, das erste Beethovenfest - sogar in einem eigens
errichteten Festspielhaus.

1870 fühlte sich zum Beispiel Richard Wagner – wie er im Vorwort seines im Jubiläumsjahr vorge­legten 70seitigen Essays „Beethoven“ schrieb - „gedrungen, auch seinerseits zur Feier des hundert­jährigen Geburtstages unseres großen Beethovens beizutragen, und wählte, da ihm hierzu keine an­dere, dieser Feier ihm würdig dünkende Veranlassung geboten war, eine schriftliche Ausführung seiner Gedanken über die Bedeutung der Beethoven´schen Musik, wie sie ihm aufgegangen.“ Insge­samt hat er gehofft, in Bonn zum Dirigenten des zweiten Beethovenfestes gewählt zu werden, kam aber nicht zum Zug, weil man sich für den Chef des Kölner Gürzenich Orchesters Ferdinand von Hiller entschieden hatte. Auch Franz Liszt war übrigens zum – wegen des deutsch-französischen Krieges auf 1871 verschobenen – zweiten Beethovenfest nicht nach Bonn eingeladen worden. 

So ziehen sich Jubiläumsfeiern wie ein roter Faden durch die Geschichte der Beethoven-Pflege. Und was schon zum 65. oder 75. Geburtstag des großen Komponisten wirkungsvoll war, bleibt auch zum 250. Geburtstag nicht nur eine legitime Herausforderung, sondern eine große Chance. Am frühesten hat dies der Bund erkannt, der bereits 2007 im Blick auf das Jubiläum 39 Mio Euro für ein leider an kommunalpolitischen Zögerlichkeiten gescheitertes Beethoven-Festspielhaus zur Ver­fügung stellte. 

2013 wurde dann auf Initiative der BÜRGER FÜR BEETHO­VEN im Koalitionsvertrag der Großen Koalition aus CDU, CSU und SPD festge­schrieben: „Der 250. Ge­burtstag von Ludwig van Beetho­ven im Jahr 2020 bietet her­ausragende Chancen für die Kulturnation Deutschland im In- und Aus­land. Deshalb ist die Vorbereitung dieses wichtigen Jubiläums eine nationale Aufgabe.“ 

Wenn dann 2020 nicht nur in ganz Deutschland, sondern auch rund um den Erdball das Beethoven-Jubiläum gefeiert wird, ist das die Chance für Bonn, sich endlich als Beethovenstadt nachhaltig zu etablieren. Wer den Geburtstag feiert, schaut nämlich fast zwangsläufig auch auf die Geburtsstadt. Damit könnte endlich korrigiert werden, was von den Stadtoberen seit Beethovens Tod regelmäßig so sträflich vernachlässigt wurde: 

1845 verhielten sich Bonns erster hauptamtlicher Oberbürgermeister Karl Edmund Joseph Oppen­hoff und der Rat dem Vorhaben eines Beethoven-Denkmals und dem des ersten Beethovenfestes gegenüber so abweisend, dass Franz Liszt 1845 erbost ausrief: „Eine kleine Stadt kann das Glück haben, dass ein großer Mann in ihr das Licht der Welt erblickt; aber kleinstädtisch darf sein Anden­ken nicht gefei­ert werden.“ Denkmal und Musikfest kamen nur durch bürgerschaftliches Engage­ment zustande, auch wenn bei der Eröffnung die Amtsträger alle in der ersten Reihe saßen. 

Fast 50 Jahre später mussten 1889 Bürger Beethovens Geburtshaus vor dem von der Stadt bereits genehmigten Abriß retten. Sie gründeten dafür im Haus des Bonner Zeitungsverlegers Hermann Neusser den Verein Beethoven-Haus und kauften die Immobilie, um sie mit privaten Mitteln zu er­halten. Als der heruntergekommene Zustand des Geburtshauses 1885 durch den Musikkritiker Eduard Hanslink Thema in der europäischen Presse wurde, veranlasste dies den damaligen Ober­bürgermeister Hermann Jakob Doetsch zur Äußerung: „Jetzt schafft es der verrückte Kerl (gemeint war Beethoven) noch, den Ruf der Stadt zu ruinieren …“ 

Der 225. Geburtstag Beethovens fiel in seiner Geburtststadt aus, weil Rat und Verwaltung 1993 parteiübergreifend durch Streichung aller Zuschüsse das Beethovenfest als überflüssig abgeschafft hatten. Empörte Bürger schlossen sich als „Bürger für Beethoven“ zusammen und organisierten daraufhin dreimal einen Beethoven-Marathon, mit großem Zuspruch aus der Bevölkerung, bis die städtischen Gremien dem Druck nachgaben: 1998 wurden von der Stadt Bonn und der Deutschen Welle die Internationale Beethovenfeste Bonn gGmbH als Trägergesellschafter und Veranstalter für ein nun jährlich stattfindendes Beethovenfest gegründet.

Noch 2015 gab es einen weiteren schweren Rückschlag auf dem Weg Bonns zur Beethovenstadt. Das Beethoven-Festspielhaus scheiterte an der Unentschlossenheit bzw. dem Widerstand von Ver­waltungsspitze und Ratsmehrheit. Für den Hauptinvestor Deutsche Post DHL brachte es Konzern­chef Frank Appel auf den Punkt: "Die Langfristigkeit des Projekts Beethoven Festspielhaus ver­langt eine deutliche Willensbekundung - heute und für die kommenden Jahrzehnte. Wenn aber schon zum Start kein eindeutiger Schulterschluss innerhalb der Stadt zu erkennen ist, dann hat das Projekt keine Zukunft und ist auch für Sponsoren nicht hinreichend attraktiv." 

Für Beethoven 2020 stehen die Zeichen günstiger. Der neue Oberbürgermeister Ashok Sridharan hat das Thema zur Chefsache gemacht, und die Tatkraft des Bundes entzündet inzwischen auch re­gionale Dynamik. Diese gilt es jetzt für nachhaltige Strukturen zu nutzen: 2020 muss zur Initial­zündung für die Profilierung Bonns zur Beethovenstadt werden. Das Rückgrat für diese Profilierung bildet die Antwort auf die Leit­frage: Was kann man zu Beethoven nur in Bonn und der Region erleb­en? 

Deshalb muss sich das Beethoven-Jubiläum 2020 in Bonn und der Region von dem in Hannover oder Stuttgart unterscheiden. Dazu gehört es übrigens auch, das enge Korsett des Etiketts „Geburts­stadt Beethovens“ aufzubrechen. Ludwig van Beethoven wurde nicht nur in Bonn geboren, sondern hat hier 22 Jahre gelebt und gear­beitet – mehr als ein Drit­tel seines Lebens und länger als Mozart in Salzburg. Über 70 Kompositionen Beethovens sind am Rhein entstanden.

Ohne das Bonner Fundament sind Beethovens Wiener Jahre nicht denkbar. Manches in Wien veröf­fentlichte Werk wurde wie z. B. das 2. Klavierkonzert tatsächlich in Bonn komponiert oder hat wie die Vertonung von Schillers „Ode an die Freude“ seinen Ursprung in den Jahren am Rhein. 

Bonn steht insbesondere für fünf Alleinstellungsmerkmal zu Beethoven: 

  1. Beethovens Familie, die ihn entscheidend prägte

  2. Beethovens Erziehung und Bildung zur Persönlichkeit im Zeitalter der Aufklärung

  3. Beethovens Ausbildung und berufliche Praxis als Orchestermusiker und Organist

  4. Beethovens Bonner Reife als Komponist

  5. Beethovens lebenslanger Bonner Freundeskreis auch in Wiener Zeiten 

Diese Alleinstellungsmerkmale muss die Beethovenregion Bonn an Rhein und Sieg sichtbar und er­lebbar machen. Ob ein prominenter und moderner Beethoven-Rundgang, der die authentischen Orte verbindet, ein nationaler bzw. europäischer Beethovenpreis, ein an Nachwuchsförderung orientierter Beethoven-Campus oder eine Beethoven-Stiftungsprofessur – für all das gilt, was Robert Schumann schon in seinem Aufruf für das Beethoven-Denkmal so treffend formulierte, „dass, wenn nicht einmal der Anfang gemacht wird, sich eine Dekade auf die Trägheit der anderen berufen wird.“ 

Das erste Beethovenfest 1845 zum 75. Geburtstag war ein für die ganze Region bewegendes Ereig­nis. Der bekannte Komponist Hector Berlioz schrieb damals an einen Freund: „Ich mache mich jetzt auf den Weg nach Bonn; jeder geht dorthin. Es ist eine beachtliche Wanderung von Künstlern, Schriftstellern und interessierten Menschen. Ich habe keine Ahnung, wo wir unterkommen werden. Ich nehme an wir werden Zelte am Rheinufer aufbauen und in Booten schlafen.“ 

2020 eine ähnliche Anziehungskraft zu entwickeln, ist ein ehrgeiziges Ziel – ein tatsächlicher Er­folg ist es aber nur, wenn die Menschen in die Beethoven-Region an Rhein und Sieg zurückkehren wollen, weil es hier mehr Beethoven zu entdecken gibt als sie vermuteten.  

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